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Pop Cycles

Video
16 Min
DV Pal

stereo, deutsch
Deutschland 2007


Synopsis

„Ich war 17 und sie war 16. Es war Sommer, wir lagen am Strand und hörten die Musik von Elvis.“

So lautete 1978 der Werbeslogan für den ersten Teil der beliebten deutsch-israelischen Kinofilmreihe EIS AM STIEL (engl. LEMON POPSICLE).
Ob aus dem Kino oder den ständigen Wiederholungen der frühen Kabelfernsehzeiten – wer kennt die Geschichten der drei pubertierenden Nachbarsjungen aus den späten 50er Jahren nicht, die wir bei der ersten Liebe und dem ersten Sex beim „Mann werden“ begleiten durften?
Erinnerungen geweckt? Schön war die Zeit, nicht wahr?
In POP CYCLES vermischen sich einige Originalszenen der insgesamt zehn Episoden mit Sequenzen eines in den 90er Jahren stattfindenden Interviews.
Das anfängliche Gespräch über den Film und dessen Charaktere entpuppt sich nach und nach als persönliche Retrospektive des Interviewten. So entsteht ein Spiel zwischen Film und Wirklichkeit, welches Projektionsfläche für eigene Erinnerungen bietet.

POP CYCLES ist eine Art Mimikry. Durch provozierte Induktion beim Betrachter, basierend auf seinen Sehgewohnheiten und seinem medialen Erfahrungsschatz, erweckt das Interview aufgrund des sprachlichen Inhalts und der Vernetzung mit Originalszenen des Filmes „Eis am Stiel“ (engl. Lemon Popsicle) beim Rezipienten die Assoziation eines gewöhnlichen Making Ofs.

Autodiegetisch erzählt der Interviewte selbstsicher und fast wie eingeübt vom Filmset, den Filmfiguren und der Arbeit mit dem Regisseur. Dabei werden dem Betrachter beiläufig diverse stereotypische Idealvorstellungen verbal suggeriert, die visuell illustriert und fokussiert werden („Klar glaube ich an die Liebe auf den ersten Blick …“). Selbst die in den eingespielten Originalszenen gezeigten Filmfiguren sind dabei an Schlüsselpositionen auf den Text des Erzählers synchronisiert, um die Wirkung der Worte zu intensivieren und werden hierbei zur Erhöhung des Autoritätsgefälles genutzt um die Suggestion zu verstärken („ … der wahren Lovestory, bei der man zusammen durch dick und dünn geht, komme was wolle…“).
Durch das ihm bekannte Format fühlt sich der Betrachter dabei sicher und rezipiert das Gesehene weitestgehend unkritisch um während dessen unbewusst mit seinen eigenen Wünschen und Erinnerungen involviert zu werden.
Nach einer emotional aufgeladenen Mittelszene erhält das Making Of immer mehr dokumentarischen Charakter.
Der Interviewte beginnt die persönliche Geschichte seiner gescheiterten Beziehung zu erzählen. Seine Erzählung wird dabei immer intimer, die Sprache unsicherer und die Mimik weniger affektiert. Die Bildästhetik des Interviews sowie des eingespielten Bildmaterials erinnern durch Farbgebung, Kameraführung und Qualität immer mehr an dokumentarische bzw. private Videoaufnahmen. Dies gelingt stilistisch unbemerkt durch einen langsam herbeigeführten Formatwechsel sowie inhaltliche Nachvollziehbarkeit, so dass der Betrachter nicht in seinem gewohnten Konsumverhalten verunsichert wird („… kennengelernt haben wir uns bei einem gemeinsamen Casting.“).
Die vorher geäusserten stereotypisch idealistischen Äußerungen werden dabei Stück für Stück inhaltlich relativiert. Der Bruch mit den zuvor extrem romantisierten Vorstellungen wird durch die stark stimmungsgeladene Schilderung der Beziehungsprobleme begründet.
Fast scheint es so, als ob der Protagonist sich für seine Entscheidungen rechtfertigt und sich mit dem Verständnis des Publikums von seinen Schuldgefühlen befreien möchte, um Absolution für sein Handeln zu empfangen („… es war eine Art Selbstschutz Schluss zu machen.“).
Unbemerkt wechselt dabei von Beginn an die Sprachebene. Der anfänglich englische Originalton wird zur Synchronisation und die deutsche Simultanübersetzung endet im Finale des Videos lippensynchron im deutschen Originalton. Hierdurch wird beim Betrachter eine Irritation initiiert, die das scheinbar vertraute Bildmaterial retrospektiv als bewusst manipulierende Suggestion und kaltherzigen Bluff entlarvt. Die somit herbeigeführten Zweifel an der Authentizität des Materials wirken sich dabei ebenso auf die zuvor bereitwillig adaptierten stereotypischen Inhalte des Videos aus.

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